Glutenfrei leben #2

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Letztes Wochenende haben wir einen glutenfreien Monat am Blog gestartet. Auch wenn wir beide selbst keine Glutenunverträglichkeit haben, kommen wir immer öfter mit diesem Thema in Berührung. Sei es im Freundeskreis, beim gemeinsamen Abendessen, durch andere Foodblogger oder bei der Zusammenarbeit mit Gastronomen. Was uns immer etwas gestört hat, ist, dass wir uns – da nicht betroffen – eigentlich nie richtig mit dem Thema beschäftigt haben.

Das wollen wir hiermit ändern und nicht nur in den privaten Haushalt sondern auch in die Gastronomie blicken. Da wir nun selbst nicht betroffen sind, haben wir uns mit  einer der bekanntesten glutenfrei lebenden Bloggerinnen aus Österreich, Eva Fischer, unterhalten. Auf ihrem Foodblog foodtastic erzählt Eva von ihrem Leben und bloggt ausschließlich glutenfreie Rezepte. Wer also könnte uns besser ein paar wichtige Fragen zum Thema „Glutenfrei leben – was bedeutet das eigentlich?“ beantworten als sie? In dem folgenden Interview haben wir sie also zu ihrem Berufsalltag sowie ihre Erfahrungen beim Abendessen und Einkaufen befragt. Vor allem, wie und wann sie festgestellt hat, dass sie Zöliakie hat und was typische Anzeichen dafür waren, hat uns interessiert.

Aber natürlich gibt es auch was zu essen, denn am Ende des Artikels haben wir ein super schnelles Kürbis-Pasta-Rezept für euch, natürlich mit glutenfreier Pasta von unserem Kooperationspartner Schär.

Foto © Eva Fischer / www.foodtastic.com

Eva sag mal, wie ist das jetzt genau?

WANN UND VOR ALLEM WIE HAST DU FESTGESTELLT, DASS DU EINE GLUTENUNVERTRÄGLICHKEIT HAST?
Ich habe vor 8 Jahren durch eine Fachdiagnose (Bluttest und Gastroskopie) erfahren, dass ich Zöliakie, also eine Glutenunverträglichkeit habe. Wahrscheinlich habe ich sie schon viel länger, also mindestens 14 Jahre, aber aufgrund meiner versteckten Symptome sind die Ärzte erst viel später auf die tatsächliche Diagnose gekommen. Mein hauptsächliches Symptom war sechs Jahre lang Eisenmangel und nachdem dies bei vielen Mädchen in der Pubertät ohnehin auftritt (Periode), ist man lange nicht drauf gekommen, dass der Grund dafür woanders lag. Da ich ansonsten kaum spürbare Beschwerden hatte (ab und zu einen Blähbauch) und ich manche Symptome auch nicht konkretisieren konnte, kam die Diagnose doch etwas verspätet. Danach machte vieles Sinn. Ich war endlich nicht mehr müde, hatte keine Konzentrationsstörungen mehr, mein Blähbauch war weg und ich fühlte mich insgesamt mehr energiegeladen.

WAS SIND ERSTE ANZEICHEN DAFÜR, DASS MAN EINE UNVERTRÄGLICHKEIT HAT?
Die Symptome sind bei den Betroffenen sehr verschieden und oft sehr versteckt, so dass viele Betroffene jahrelang nicht wissen, dass die eine Zöliakie haben.
Typische Symptome einer Zöliakie (Gastrointestinaltrakt): Durchfall, Blähungen, Blähbauch, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Fettstühle
Extraintestinale Symptome: Eisenmangelanämie (Blässe), Folsäuremangel, Vitamin-K-Mangel, Knochenschmerzen,
Bei Betroffenen, die ihre Zöliakie noch nicht behandelt haben, fällt bei einer Dünndarm-Schleimhautprobe sofort das Fehlen der Zotten auf. Diese sogenannte Zottenatrophie ist ein typisches Charakteristikum der Erkrankung. Ist die Schleimhaut durch die Erkrankung beschädigt, wird die Oberfläche extrem verringert, vergleichbar mit einem Tennisplatz, der zu einem Tischtennistisch schrumpft, wenn der gesamte Dünndarm erfasst ist. Durch die Schädigung kommt es zu Enzymbeeinträchtigungen.
Die Dunkelziffer bei Zöliakie ist sehr hoch, viele Betroffene haben kaum bis gar keine Beschwerden, und es werden überwiegend nur jene Patienten diagnostiziert, die die typischen Symptome der aktiven Zöliakie (klinisch manifestierte Zöliakie) aufweisen. Verdeutlicht wird dieses Phänomen durch das Eisbergmodell.
Die Spitze, die aus dem Wasser ragt, stellt die aktive Zöliakie dar mit den typischen Verlaufsformen, die in der Regel relativ rasch diagnostiziert wird. Andere Verlaufsformen wie die mono-/oligo-symptomatische Form (atypische Form) oder die stille sowie latente Form befinden sich somit „unter Wasser“ und werden aus Gründen der fehlenden Beschwerden meist nicht oder lange nicht diagnostiziert.

WAR ES SCHWER FÜR DICH, DEINE ERNÄHRUNG VON HEUTE AUF MORGEN UMZUSTELLEN? WO HAST DU DICH DAMALS DARÜBER INFORMIERT? FOODBLOGS UND CO. GAB ES DAMALS JA NOCH NICHT SO VIELE.
Ja, es war sehr schwer und anfangs eine echte Umstellung. Wenn man mit Zöliakie diagnostiziert wird, bekommt man bei Diätbeginn eine professionelle Beratung einer Diätologin. Danach muss man sich selber intensiv damit beschäftigen, Lebensmittelverpackungen studieren und vor allem Familie und Freunde über die Diätumstellung informieren, denn ein Brösel Brot kann schon zu Symptomen führen. Deshalb ist es sehr wichtig, dass Familie und Freunde Bescheid wissen, dass nicht das gleiche Brotmesser, der gleiche Toaster etc. verwendet werden darf und dass das Thema sehr ernst zu nehmen ist. Mir hat anfangs auch sehr die Plattform bzw. das Handbuch der ARGE Zöliakie geholfen.
Ich habe Zöliakie nach einer Weile als eine positive Herausforderung und mein neues Lebensziel gesehen. So habe ich dann mein Studium von Tourismus-Management auf Gesundheitsmanagement gewechselt und eine 200-seitige Diplomarbeit zum Thema verfasst. Bei meinem Lebensmotto „When live gives you lemon, make lemonade“ sehe ich die Zöliakie als die Zitrone, also als das Bittere an, und alles, was ich daraus geschaffen habe, wie mein Foodblog und meine Selbstständigkeit, die süße Limonade.
Foodblogs gab es damals noch nicht wirklich bzw. waren mir auch nicht bekannt. Ich habe mich damals mehr mit Betroffenen ausgetauscht oder viele Kochbücher studiert und selber experimentiert. So bin ich schlussendlich auch zu meiner Kochleidenschaft gekommen.

Foto © Eva Fischer / www.foodtastic.com

MAN HÖRT IMMER WIEDER VON NICHT BETROFFENEN, DASS DIE REAKTIONEN DOCH ÜBERTRIEBEN SEIEN, WENN EIN „WENIG“ IM ESSEN IST. WARUM IST ES EBEN NICHT ÜBERTRIEBEN, SONDERN EXTREM WICHTIG, PENIBEL DARAUF ZU ACHTEN?
Bereits kleinste Spuren von Gluten können den Patienten schaden. Schon die Tagesdosis von 20 Milligramm kann zu Veränderungen an der Darmwand führen. Bei einer Menge von 50 bis 100 Milligramm zeigen sich praktisch bei jedem Betroffenen Veränderungen. Zur Veranschaulichung: Eine Scheibe Brot enthält 2,5 Gramm Gluten. Eine Tagesdosis von 20 Milligramm kann schon erreicht werden, wenn das gleiche Brotmesser, der gleiche Toaster oder eine ungespülte Pfanne mit Glutenspuren verwendet wird.

DU WOHNST MIT DEINEM BRUDER IN EINER WG – GIBT ES IN DEINER KÜCHE ABSOLUT KEINE GLUTENHALTIGEN PRODUKTE, BRAUCHT ES DA ERHÖHTE REINLICHKEIT, ODER WIE TRENNT IHR DAS?
Klar gibt es bei uns glutenhaltige Produkte in der Küche, aber sehr wenige. Da ich am meisten in unserer Küche koche, gibt es auch viel mehr glutenfreie Produkte. Glutenhaltige Produkte wie Brot, Mehl etc. werden einfach nicht in der Nähe meiner Produkte gelagert oder verwendet.

BEI WELCHEM PRODUKT / WELCHER SPEISE FÄLLT ES DIR AM SCHWERSTEN, DARAUF ZU VERZICHTEN
– Zopfbrot – das habe ich immer sehr gerne gegessen
– Kässpätzle – die traditionelle Speise meiner Heimat Vorarlberg.
– Ravioli und Pizza – Klassiker, die mir ab und an sehr fehlen.
– Bier und Radler – vor allem im Sommer

BEI VIELEN NAHRUNGSMITTELN UND PRODUKTEN WEISS MAN JA, DASS GLUTEN ENTHALTEN IST. ABER WELCHE SIND DIE „AHA“-NAHRUNGSMITTEL, VON DENEN DIE MEISTEN LEUTE NIE GEDACHT HÄTTEN, DAS GLUTEN DRIN IST?
– Sojasauce
– Worcestershiresauce und somit auch Bloody Mary zum Beispiel
– Couscous (ist eine Weizenabstammung) oder Grünkern
– TK-Rotkraut und TK-Cremespinat (Mehlbindung)
Viele Menschen denken nicht weiter und fragen, warum Knödel (Semmelwürfel) und Saucen (Mehlbindung) nicht glutenfrei sind. 

WIE MANAGST DU DEINEN ALLTAG?
Zuhause koche ich in der Regel täglich. Unterwegs habe ich immer etwas Glutenfreies in meiner Handtasche, und wenn ich zum Essen verabredet bin oder irgendwo eingeladen, kündige ich meine Zöliakie vorher an. Natürlich kann man nicht immer sicher gehen, aber mehr als vertrauen kann man nicht. Die meisten Diätfehler passieren natürlich immer im Restaurant bzw. unterwegs, was sehr ärgerlich ist, da man selber so genau darauf achtet und dieser Diätfehler eine Art Kurzschluss im  Immunsystem verursacht. Manchmal muss man unterwegs auch lange suchen, bis man etwas ausgewogenes und sättigendes Glutenfreies findet. Das kann schon sehr frustrierend sein.

UND WIE SIEHT ES AUS, WENN DU ABENDS ESSEN GEHST?
Ich lass mir den Genuss und das Schöne am Essen nicht nehmen und deshalb gehe ich sehr gerne abends mit Freunden essen. Mittlerweile sind die Restaurants sehr gut informiert bzw. seit der Allergenverordnung im Dezember 2014 ist das Außerhaus-Essen auch viel einfach geworden. Nichtsdestotrotz muss ich das Servicepersonal immer genau über eine Glutenunverträglichkeit informieren. Manchmal ärgert mich das „Sich-ständig-selbst-Erklären“ und auch die Reaktion mancher Kellner/innen. Es kann die Einfachheit und den Genuss einschränken, das Wichtige am Essen; das soll ja stressfrei und unkompliziert sein.

BEKOMMST DU ALLE GLUTENFREIEN PRODUKTE, DIE DU BRAUCHST, IM SUPERMARKT UM DIE ECKE, ODER IST ES AUFWENDIGER EINZUKAUFEN, VIELLEICHT SOGAR NUR ONLINE MACHBAR?
Da ich einen Merkur-Supermarkt nur zwei Minuten von meiner Haustüre entfernt habe, bekomme ich eigentlich alle Produkte, die ich brauche, da Merkur sehr gut aufgestellt ist, was glutenfreie Produkte anbelangt. Mein Brot bestelle ich online – das wird mir zugeliefert. Ansonsten koche und backe ich viel selbst und bestelle wenig online.

GIBT ES EIGENTLICH – ABSEITS VOM ESSEN – PRODUKTE, BEI DENEN DU DARAUF ACHTEN MUSST, DASS SIE GLUTENFREI SIND? WIE SCHAUT ES DA ZUM BEISPIEL BEI SCHMINKE UND MAKE UP AUS?
Eigentlich gar nicht! Am ehesten noch bei ganz wenigen Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln könnte das der Fall sein.

ZUM SCHLUSS NOCH: DU HAST DEINEN FOODBLOG FOODTASTIC GEGRÜNDET, UM MEHR ÜBER DIE UNVERTRÄGLICHKEIT ZU INFORMIEREN UND ZU ZEIGEN, DASS MAN TROTZDEM GUT UND SAISONAL KOCHEN KANN. WAS SCHÄTZT DU, WIE VIELE DEINER LESER EBENFALLS EINE UNVERTRÄGLICHKEIT HABEN?
Puh, das ist eine sehr gute Frage, die ich eigentlich gar nicht beantworten kann, da ich es wirklich nicht weiß und auch nicht abschätzen kann. Ich versuche mit meinem Blog Foodtastic nicht nur Leute mit einer Glutenunverträglichkeit abzuholen, sondern einfach alle, die gerne kochen, genießen und denen gesundes Essen wichtig ist. Viele Lebensmittel, die von Natur aus glutenfrei sind, sind extrem gut und vielfältig einsetzbar. Ich finde es toll, dass mich meine Zöliakie zum Umdenken beim Kochen zwingt und ich dadurch in der Küche viel kreativer geworden bin und ich neue Produkte immer sehr spannend finde.

WAS MÖCHTEST DU UNSEREN LESERN NOCH MIT AUF DEN WEG GEBEN?
Lasst euch von einer Diagnose, sei es Zöliakie oder eine andere Unverträglichkeit, Allergie oder Krankheit nicht zu sehr verunsichern oder unterkriegen. Seht es als Herausforderung und macht was draus! Euer Körper wird es euch danken und ihr werdet sehen, dass Diagnosen und neue Herausforderungen kreativ und stark machen können. Wie gesagt, sind sehr viele Lebensmittel, die von Natur aus glutenfrei sind, sehr lecker und spannend zum Kochen. Viel Freude damit!

Liebe Eva, vielen Dank für das tolle Interview!

 

Für euch, liebe Leser, haben wir uns noch ein tolles Rezept für die Herbstzeit einfallen lassen: Schnelle glutenfreie Pasta mit Speck und Kürbis. Super nach der Arbeit, denn das ganze dauert 30 Minuten bis es auf euren Küchentisch steht.

Glutenfreie Pasta mit Kürbis und Speck


Zutaten für 2 Personen

300 g glutenfreie Pasta (z.B. Pipe-Pasta von Schär)
200 g Kürbis, z.B. Piena di Napoli
150 g geräucherter Speck
4 EL Olivenöl
2 Handvoll gemischte Kräuter


Das perfekte Abendessen nach der Arbeit, schnell zubereitet und wenige Zutaten. Setzt gleich zu beginn einen großen Topf mit Wasser auf. Für dieses Gericht haben wir uns für einen Piena di Napoli Kürbis entschieden. Dieser ist eine Untersorte der Butternusskürbisse, ziemlich groß und deshalb in Scheiben im Supermarkt zu bekommen. Den Kürbis waschen, schälen, entkernen und fein würfeln. Die Nudeln derweil im kochenden Salzwasser al dente kochen. Hier ist uns übrigens aufgefallen, dass glutenfreie Pasta nicht ganz so „weich“ wird wie die mit Mehl.

Eine Pfanne mit 2 EL Olivenöl erhitzen und den fein gewürfelten Speck darin anbraten. Anschließend den Kürbis 5 Minuten mit anbraten, die fertige Pasta darin schwenken, Olivenöl, Salz und Pfeffer dazu geben und die Hitze abdrehen. Die gehackten Kräuter unterheben und heiß servieren.

Disclaimer: Das in diesem Artikel vorgestellte Produkt wurde uns kostenlos zur Verfügung gestellt. (Sponsored Post)

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